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Interview zu urbaner (Dach)Terrassengestaltung

Die Natur als neuer Sehnsuchtsort zum Entspannen und Genießen hat in den letzten beiden Jahren gerade in der Großstadt extrem an Bedeutung gewonnen. Doch nicht jeder besitzt einen eigenen Garten. Und wenn, dann oft nur am Zweitwohnsitz. Auch wanderte mit den ersten warmen Frühlingstagen unser Home Office abermals in den Terrassenbereich mit hinaus. Eine weitere Herausforderung für professionelle Garten- und Terrassengestalter, um die richtige Balance zwischen Funktionalität und Design einer neuen Wohlfühloase rund um Essbereich, Chill-out Area, Ruhezone und kreativem Rückzugsort zu finden.

In einem persönlichen Interview verrät uns Jörg Zecha neue Trends im städtischen Raum zur Gestaltung von (Dach)Terrassen und Kleingärten im Jahr 2022.

Wir alle sehnen uns nach grüner Natur und Freiraum, aber nicht jeder besitzt einen eigenen Garten. Welche Bedeutung kommt urbanen (Dach)Terrassen seit zwei Jahren zu?

Jörg Zecha: Ob man will oder nicht, unser Leben hat sich schlagartig verändert. Der Grünraum an sich ist zu einem unserer wichtigsten Sehnsuchtsorte geworden. Die Möglichkeit ins Freie zu gehen, erhöht die Lebensqualität vor allem im urbanen Raum massiv. Wenn alle gewohnten Normalitäten wie Restaurantbesuche, Treffen mit Freunden, etc. nur mehr eingeschränkt möglich sind, wird auf einmal klar, wie eng die eigenen vier Wände werden und wieviel Freiheit es bedeuten kann, die Glastüre aufzuschieben und auf die Dachterrasse oder in den schattigen Innenhof zu gehen. Durch die offene 3. Dimension kann hier Weite genossen und gelebt werden, welche in der Wohnung naturgemäß begrenzt ist. Hier sehe ich auch den größten Unterschied zur Vor-Corona-Zeit. Früher war die Terrasse, oder der kleine Garten, eine nette Ergänzung zur Stadtwohnung und wurde vor allem wegen dem „Grün“ geschätzt. Das Thema Freiheit hatte keiner auch nur ansatzweise im Sinn. Dies hat sich grundlegend geändert.

Haben sich die Anforderungen der Kunden verändert? Die letzten Monate sprach man viel vom neuen „Homing“, einer wiederentdeckten Gemütlichkeit in den eigenen Wohnräumen. Ist dieser Trend auch bei (Dach)Terrassen im städtischen Umfeld zu spüren?

Jörg Zecha: Das neue Biedermeier, wie ich es gerne nenne, ist schon in den letzten Jahren in unsere Gärten eingekehrt. Das sogenannte Cocooning ist noch verstärkt worden. Dieser Trend zu mehr Gemütlichkeit in den eigenen vier Gartenwänden ist sogar sehr stark zu spüren. Ebenso die Auseinandersetzung unserer Kunden damit, was bei ihnen so auf den Tisch kommt. Bio ist in aller Munde, somit hat auch das Thema Nutzpflanzen an Bedeutung gewonnen. Der eigene Kräutergarten, das eigene Gemüse rücken stark in den Vordergrund. Dies lässt sich gerade auf Terrassen perfekt umsetzen und kann auch optisch ansprechend gestaltet werden.

Mit dem Home Office kommen naturgemäß bei schönem Wetter immer mehr die Ansprüche an das neue Garden beziehungsweise Terrace Office. Hier sind neben technischen Notwendigkeiten wie High Speed WLAN oder Stromanschluss auf Wunsch der Besitzer dementsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, bei denen ungestört und kreativ gearbeitet werden kann. Im Vordergrund stehen dabei ausreichender Sonnen-, Regen- und vor allem Windschutz. Ist die urbane Dachterrasse groß genug, versuchen wir zudem den Gartenbüroplatz in einen ruhigeren Bereich, etwas abseits vom restlichen Trubel zu platzieren. Durch die intensivere Nutzung ist auch das Thema Beleuchtung wichtiger geworden. Daher ist es wichtig, neben nettem Stimmungslicht gezielt mit funktionalem Licht von oben zu arbeiten. Die Kunst ist es somit, den urbanen Gartenfreiraum so zu gestalten, dass genügend Freiraum für die ganze Familie bleibt. Gemeinsames Essen und Spielen, gepaart mit der Rückzugsmöglichkeit zum Arbeiten respektive zum Lernen für die Kids. Kurz gefasst ist das Anforderungsprofil weit komplexer geworden als früher, aber auch die Wertigkeit sowie die Bereitschaft, entsprechend zu investieren, sind gestiegen.

Sie sind ein absoluter Spezialist für die Übergänge von Innen nach Außen. Was gilt es bei der Terrassengestaltung als erweiterten Wohnraum noch zu berücksichtigen?

Jörg Zecha: Beim Übergang von Innen nach Außen ist es für mich vor allem wichtig, die verschiedenen Blickachsen zu berücksichtigen. Wenn möglich gibt es einen nahtlosen Übergang vom Innen- zum Außenraum ohne Höhenunterschiede. Außerdem ist es auch im Außenbereich empfehlenswert, Zonierungen und verschiedene Lebensbereiche zu schaffen. Mit guter indirekter Beleuchtung ohne störende Spiegelungen in der Glasscheibe der Terrassentür. Eine nette Möglichkeit die Bereiche ineinander verschmelzen zu lassen, ist die Verwendung gleicher Materialien wie beispielsweise schöne handgefertigte Pflanzgefäße, die wir im Außen- und im Innenraum verwenden. Oder der Einsatz zeitgenössischer Kunst. Somit wandert der Garten bis in den Wohnraum hinein. Auch das Verwenden gleicher oder sehr ähnlicher Bodenbeläge kann diesen harmonischen Übergang gut betonen.

Früher fuhr man gerne auf eine kurze Auszeit ins Hotel. Gibt es Tipps vom Garten- und Terrassenprofi, wie wir uns einen Hauch von Urlaubsgefühlen auch auf unsere Terrasse holen können?

Jörg Zecha: Ein gemütlicher Chill-out Bereich, wie es so schön auf Neudeutsch heißt, ist natürlich abhängig von der Größe der Terrasse. Auch auf einem kleinen Balkon, kann ein gemütlicher Sitzsack mit einem guten Glas Wein in der Hand und vielleicht einem mit Lavendel bepflanzten Topf schon Urlaubserinnerungen wecken. Je nach Möglichkeit und Budget lässt sich das natürlich bis zur perfekten Lösung mit überdachtem Lounge-Bereich mit integriertem Sound System ausstatten. Ergänzt um ein kühles Nass wie Whirlpool oder Minipool lässt es sich auch zu Hause dann ganz gut leben. In Kombination mit einer genial durchdachten Outdoor Küche (wichtig ist der Kühlschrank!) bleiben schon fast keine Wünsche mehr offen.

Hat sich diesbezüglich auch (durch die Sehnsucht nach dem Reisen, dem Urlaub, das Meer, …) die Pflanzenauswahl geändert? Oder ist dies eher dem Klimawandel geschuldet? Welches sind die meist eingesetzten Pflanzen für Terrassen im urbanen Bereich heute?

Jörg Zecha: Die Sehnsucht nach südländischen Pflanzen ist natürlich verstärkt. Dem kann zum Teil schon mit der einen oder anderen Kübelpflanze, welche beim Gärtner überwintert und im Frühjahr wieder angeliefert wird, zum Teil Rechnung getragen werden. Für wirklich gute Urlaubsstimmung sind noch immer die Olivenbäume der absolute Klassiker! Mit den veränderten Klimabedingungen halten inzwischen aber auch viele Pflanzen Einzug, die eigentlich weiter südlich zu Hause sind. Hier insbesondere die Feige, japanische Ahorne mit ihrer schönen Wuchsform und der brillianten Herbstfärbung, Hortensien, die mit ihrer Blütenpracht gerade in Töpfen ausgezeichnet funktionieren und natürlich auch Gräser in allen Variationen. Lavendel nicht zu vergessen!